Great Lengths - CHANGES 2022/04

Rollenbilder Wie bekomme ich alles unter einen Hut? Als gesellschaftliches und sozialisiertes Wesen nimmt jeder Mensch verschiedene soziale Rollen in seinem alltäglichen Leben ein, die sich natürlich auch verändern können. An diese sind wiederum verschiedene Werte und gesellschaftliche Erwartungen geknüpft, die sich über Jahre gefestigt haben. Mütter sollten liebevoll, aufopfernd, verständnisvoll und fürsorglich sein. Bei der Arbeit hingegen sind diese Eigenschaften weniger gefragt. Hier überzeuge ich vermutlich mehr mit Teamgeist, Durchsetzungsvermögen, Ehrgeiz und Rationalität. Während in der Partnerschaft Emotionalität und Hingabe großgeschrieben wird. Alles gleichzeitig zu erfüllen, scheint da fast unmöglich. Und so ist es nicht verwunderlich, dass es regelmäßig zu Konflikten kommen kann – sei es durch widersprüchliche Erwartungen zwischen verschiedenen Rollen oder innerhalb einer Besetzung. Manchmal spreche ich viel zu emotional und Tausend kleine (Neben-)Rollen Meine erste tiefgreifende Enttäuschung erlebte ich wohl an meinem 18. Geburtstag. Denn obwohl ich nun in den Genuss der Volljährigkeit kam, fühlte sich nichts anders an – rein gar nichts. Keine Weisheit, die mir im Schlaf zugeflogen ist, ja sogar mein Körper und meine Gedanken waren noch dieselben. Das Einzige, was sich seitdem ständig gewandelt hat, ist das Leben um mich herum und die damit verbundenen Rollen, in die ich schlüpfe. Zu Tochter, Schülerin, Auszubildende und Studentin kam schließlich die erste Rolle als Angestellte. Auch kleinere Nebenrollen wie genervte Kundin in der Schlange an der Supermarktkasse oder Verkehrsregel-liberale Radfahrerin gehören zu meinem alltäglichen Repertoire. Mit der Geburt meiner Tochter änderte sich mein Leben dann noch einmal schlagartig. Die Verantwortung für einen anderen Menschen, die fehlende Unabhängigkeit und mangelnde Freizeit stellten meinen ganzen Alltag auf den Kopf. Meine neue Aufgabe als Mutter nahm zunächst die Hauptrolle ein und ließ andere Besetzungen kurzzeitig ins Abseits driften. Doch früher oder später mussten sich meine Rollen miteinander arrangieren: Schließlich gibt es noch den Freund, der bisher immer an erster Stelle stand; die Arbeit, die nach der Babypause wiederaufgenommen werden sollte; und natürlich auch die Freundinnen, die sich auf den nächsten Mädelsabend freuen. Und wo blieb eigentlich ich bei der ganzen Sache? CHANGES-REDAKTEURIN SANDRA CORDES WIRFT EINEN BLICK AUF IHRE EIGENEN ROLLENBESETZUNGEN UND ZIEHT BILANZ. BE YOURSELF, EVERYONE ELSE IS ALREADY TAKEN. Oscar Wilde

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